Bitcoin Market Intelligence - FTX Bankrott und Marktauswirkungen
Hey,
herzlich willkommen zur 2. Ausgabe des deutschen Newsletters.
Mit dem Zusammenbruch von FTX haben wir eine ziemlich turbulente Woche hinter uns. Während wir bereits erhebliche negative Auswirkungen sehen, ist letzendlich noch offen wie weit die Auswirkungen reichen werden.
Dazu gehören Ansteckungseffekte (andere Börsen oder Krypto-Hedgefonds die möglicherweise untergehen) und mittel- bis langfristig auch strengere Vorschriften durch die Politik (je nachdiem wie diese aussehen können diese von Vorteil sein oder auch nicht).
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Ich möchte hier nicht zu sehr ins Detail gehen, was genau passiert ist, da dies bereits in unzähligen Artikeln und Newslettern beschrieben wird, sondern mich stärker auf die Auswirkungen auf den Markt fokussieren.
FTX-Implosion
Letzte Woche ist FTX implodiert und hat möglicherweise ein Finanzloch von etwa 8 Milliarden Dollar in der Bilanz hinterlassen und ist in der Folge insolvent.
Es sieht so aus, dass Sam Bankman-Fried und Co. Gelder der Nutzer missbraucht haben, um riskante Investitionen zu tätigen oder sollte ich besser sagen, um mit den Geldern der Anleger zu zocken?
Unter anderem haben sie wahrscheinlich hochgradig illiquide Token als Sicherheiten bei Alameda Research hinterlegt, um hochriskante Investments zu tätigen.
Ein der Theorie funktioniert das so:
Man gibt einen Token aus, von dem man den größten Teil besitzt (hoch illiquide). Mit relativ wenig Geld kann man dann den Preis künstlich in die Höhe treiben. Auf magische Weise hat man so einen hoch bewerteten Vermögenswert in der Bilanz, den man als Sicherheiten hinterlegen kann.
Das Problem ist jedoch, dass jetzt, wenn der Ernstfall eintrifft, keinen liquiden Vermögenswert mehr hat, den man ohne Weiteres veräußern kann. Wenn man dazu gezwungen ist den Token zu verkaufen, gibt es niemanden, an den man ihn verkaufen kann. Der Wert des Tokens nimmt bei einem Verkauf rapide ab.
Man könnten zum Beispiel gezwungen sein, den illiquiden Token zu verkaufen, wenn eine Wette schief geht und/oder wenn Kunden plötzlich anfangen, Gelder abzuziehen. Dann steht man ganz schnell mit zu wenig Geld da um Kunden auszubezahlen.
Die Liquiditätskrise bei FTX wurde letzendlich durch einen Tweet von CZ ausgelöst, in dem er am 06. November schreibt, dass Binance seine FTT-Positionen auflösen will. Die Entscheidung von CZ ist was wahrscheinlich auf einen Bericht von Coindesk vom 02. November zurückzuführen.
![Twitter avatar for @cz_binance](https://substackcdn.com/image/twitter_name/w_96/cz_binance.jpg)
Es würde mich nicht überraschen, wenn in den kommenden Wochen noch mehr schlechte, möglicherweise belastende Nachrichten ans Licht kommen.
Bestenfalls war es massive Inkompetenz des Teams in Bezug auf das Risikomanagement. Aber je mehr Nachrichten ans Licht kommen, desto mehr scheint es, dass sie wussten, was sie tun.
Einen ausführlicheren Bericht zu FTX findest du in dem Thread von Jason Choi hier:
![Twitter avatar for @mrjasonchoi](https://substackcdn.com/image/twitter_name/w_96/mrjasonchoi.jpg)
In jedem Fall ist dies keine gute Situation für diejenigemn, die Geld auf FTX liegen hatten. Die insolvenz von FTX wird sehr wahrscheinlich langfristige Auswirkungen auf den Cryptospace haben, da die Regulierungsbehörden nun eingreifen werden und zudem bei Anlegern viel das Vertrauen verloren gegangen ist.
Glücklicherweise muss man bei Bitcoin nicht vertrauen, sondern kann seine Bestände verifizieren, wenn man sie selbst verwahrt.
Regulierungen könnem zwar in gewissem Maße von Vorteil sein, z. B. in Bezug auf die Reportingvorschriften, allerdings befürchte ich, dass es bei den Regulatoren zu einer Überreaktion kommen könnte.
Regulierungen könnten im schlimmsten Fall dazu führen, dass die Menschen auf nicht regulierte Börsen ausweichen, wenn z. B. in den USA regulierte Börsen bestimmte Produkte nicht mehr anbieten dürfen.
In diesem Fall könnte das Problem aus dem regulatorischen Bereich verdrängt werden und die Ansteckungsgefahr nicht beseitigt sondern sogar erhöht werden.
Realisierte Nettoverluste
Die realisierten Nettoverluste on-chain haben am Mittwoch, den 09. November in der letzten Woche, 1,9 Milliarden Dollar erreicht. Das ist zwar eine beträchtliche Summe, aber bei weitem nicht so viel wie wir es während des LUNA-Crashs beobachten konnten.
Währen des Luna-Crashs haben wir sowohl am 9. Mai als auch am 11. Mai 2022 realisierte Nettoverluste von etwa 2,5 Mrd. $ gesehen. Das ist mehr als doppelt so viel wie jetzt.
Der realisierte Nettoverlust ist ebenso weit entfernt vom schlimmsten Kapitulationsereignis in USD, das am 13. Juni 2022 stattgefunden hat. Dort wurden viele Verluste on-chain realisiert als Gerüchte aufkamen, dass Celsius zahlungsunfähig ist, was sich später auch als wahr herausgestellt hat.
In dem Zuge wurden am 13. Juni 4,2 Mrd. USD an Nettoverlusten on-chain realisert, gefolgt von 2,5 Mrd. USD an Nettoverlusten am 14. Juni.
Dies deutet darauf hin, dass zumindest bei den derzeitigen Preisen nur noch wenige bereit oder da sind, zu kapitulieren.
Dabei sind jedoch mögliche Ansteckungseffekte bei Börsen und Unternehmen, die direkt von FTX oder Alameda betroffen waren, noch nicht berücksichtigt. Es bleibt abzuwarten was hier noch kommt in den nächsten Tagen und Wochen.
Auch diejenigen, die nicht direkt an FTX oder Alameda beteiligt waren, könnten aufgrund von Preiseffekten unter Druck geraten. Zudem werden die Marktteilnehmer hoffentlich vorsichter, wem sie ihr Geld anvertrauen (wenn es nach mir geht idealerweise der eigenen Wallet). Unabhängig davon, ob ein Gerücht über die Reserven eine Börse wahr ist oder nicht könnte es zu einem Run auf eine Börse kommen.
Mittel- und langzeit Holder
Die relativ geringe Kapitulation on-chain wird auch deutlich, wenn man sich das Verhalten der mittel- und langzeit Holder anschaut.
Der prozentuale Anteil der Bitcoin die zuletzt vor mehr als 6 Monaten aktiv waren, ist nur von 81 % am 20. Oktober auf 79 % gesunken. Das deutet darauf hin, dass langzeit Holder die Turbulenzen im Markt weitestgehend aussitzen.
Tatsächlich ist der Rückgang von 81% auf 71% aggregiert auf die Bitcoin die zuletzt vor 6-12 Monaten bewegt wurden zurückzuführen.
Das prozentuelle Anzahl der Bitcoin die mindestns 1 Jahr nicht mehr bewegt wurden hat sogar zugenommen.
Aus Gründen der Sichtbarkeit wurde bei den Daten für die beiden Diagramme reingezoomt.
Logischerweise können wir nicht ausschließen, dass einige der Holder doch noch irgendwann kapitulieren werden, z.B. wenn die Preise weiter fallen.
Bitcoin-Miner immer mehr unter Druck
Niedrige Bitcoinpreise und die steigende Hashrate bringen einige Miner mehr und mehr unter Druck, wie aus dem Miner-Kapitulationsrisiko-Modell (Miner Capitulation Risk) hervorgeht. Das Modell signalisiert schon seit einiger Zeit Probleme bezüglich der Profitabilität von Minern.
"Das Miner-Kapitulationsrisiko-Modell ist ein zweiteiliges Modell, das den impliziten Einkommensprobleme der Miner (Puell Multiple) und dem beobachteten Rückgang der Hash-Rate (Difficulty Ribbon Compression) kombiniert. Es hebt Zeiträume hervor, in denen ein erhöhtes Risiko der Kapitulation in der Minerindustrie besteht, was dazu führen kann, dass zusätzliches BTC aus den Bilanzen notleidender Miner verkauft werden."
Mehr zu dieser Metrik hier.
In Folge der jüngsten Entwicklungen ist der Bitcoinpreis auch unter das geometrische Mittel des Difficulty per Issuance Pricing Model gefallen.
Das geometrische Mittel ist eine Schätzung der typischen Produktionskosten der Miner und zeigt den Preis an, der bei den Minern zu akuten Einkommens- und Profitabilitätsproblemen führen kann.
Ein längeres Verharren auf den aktuellen Preisen oder ein Übergang zu noch niedrigeren Preisen setzt einige Miner auf dem Markt erheblich unter Druck.
Bisher sehen wir noch keine starke Kapitulation seitens der Miner. Allerdings sehen wir so langsam Abflüsse von Bitcoin von Wallets von Minern.
Der gleitende 30-Tage-Durchschnitt der Hash-Rate liegt zwar weiterhin in der Nähe des Allzeithochs, hat sich aber in den letzten zwei bis drei Wochen bereits abgeflacht und zeigt derzeit leichte Anzeichen eines Rückgangs.
Insgestamt ist es jedoch noch etwas zu früh um zu vorherzusagen ob Miner tatsächlich in den kommenden Wochen vermehrt offline gehen und die Hashrate sinkt.
Alles in allem sind die Miner zwar nicht direkt von FTX betroffen, aber sie könnten durch den indirekten Effekt über den Preis mehr unter Druck geraten und gezwungen sein, ihre Bitcoin-Bestände zu verkaufen, um ihre Kosten zu decken, was möglicherweise zu einem weiteren Abwärtsdruck auf den Preis beitragen könnte.
NOT YOUR KEYS, NOT YOUR COINS!
Eine positive Entwicklung ist, dass wir vermehrt sehen, dass die Bitcoin-Börsenreserven abnehmen. Seit dem Beginn des FTX-Crashs haben mehr als 200.000 Bitcoin die Börsen verlassen.
Hinweis: Aufgrund der Art und Weise, wie Exchangflows erstellet werden, können sich die neuesten Daten noch ändern. Die jüngsten Daten also bitte mit Vorsicht genießen.
Wir könnten einen der größten wöchentlichen Nettoabflüsse von Bitcoin von den Börsen erlebt haben, wenn nicht sogar den größten in der Geschichte Bitcoins, solange sich die Daten nicht mehr ändern.
Immer mehr Menschen werden sich letzendlich der Bedeutung des foglgendenSatzes bewusst:
Not your keys, not your coins!
FTX hat uns wieder einmal gezeigt, wie riskant es ist, seine Bitcoin bei Börsen zu lassen und darauf zu vertrauen, dass diese das Richtige tun und nicht mit unserem Geld zocken.
Im schlimmsten Fall besitzen die Börsen die angegebenen Bitcoins gar nicht und geben nur fake Papier-Bitcoins aus (siehe FTX).
Das ist einerseits schlecht für dich, wenn du Coins auf einer Börse hältst, denn du wirst erst dann erfahren, ob die Bitcoin tatsächlich existieren, wenn die Börse implodiert und du dein gesamtes Geld verlierst und andererseits wird dadurch das Bitcoin-Angebot auf kurze Sicht künstlich erhöht, was den Preis drückt und eine tatsächliche Preisfindung verhindert.
Ja, ich weiß, dass es sich nicht um echte Bitcoin handelt, aber solange die Börsen, die fake Papier-Bitcoin ausgeben, in Betrieb bleiben, ist der Effekt da.
Die Reserven der Börsen sind zwar auf dem richtigen Weg (rückläufig), aber es gibt immer noch mehr als 2 Millionen Bitcoin auf Börsen.
Lass deine Coins nicht auf zwielichtigen, unregulierten Börsen liegen, die z.B. keine Proof-of-Reserves ausweisen.
Idealerweise solltest du deine Bitcoin zu deiner eigenen Sicherheit von den Börsen nehmen.
Ich weiß, dass die eigene Verwahrung von Bitcoin zunächst beängstigend ist und ein gewisses Risiko birgt, aber es ist es wert.
Solltest du den Schritt gehen stell jedoch sicher, dass das du einen Plan hast, um den Privatekey und den Seedphrase usw. ordnungsgemäß zu sichern.
Wenn du keinen Plan hast, riskierst du deine Bitcoin zu verlieren.
Hier sind ein paar mögliche Startressourcen:
https://www.lopp.net/bitcoin-information/recommended-wallets
https://bitcoinmagazine.com/guides/how-to-use-a-bitcoin-hardware-wallet
Ich empfehle die Nutzung einer Hardwarewallet da diese für Anfänger und auch generell am einfachsten und sichersten zu benutzen ist. Hier gibt es einige die man nutzen kann, wie z.B. die BitBox, ColdcardWallet, Trezor oder Ledger.
Ein positiver Nebeneffekt des FTX-Disasters ist, dass mehr und mehr Börsen ankündigen, Proof-of-Reserves anzubieten. Kraken ist hier ein Vorreiter und tut dies bereits seit geraumer Zeit. Jetzt haben unter anderem auch Huobi, Binance, Crypto.com, Deribit, Kucoin und Okx angekündigt, dass sie in Zukunft Proof-of-Reserves reporten wollen
Das ist zwar keine Ausrede dafür, seine Coins auf einer Börse zu lassen, aber es ist ein Anfang, um die Widerstandsfähigkeit des Ökosystems zu verbessern.
Niemand kann wirklich sagen, welche Folgen der Zusammenbruch der zweitgrößten Kryptobörse (FTX) noch haben wird.
Ansteckungseffekte laufen noch weiter, das regulatorische Risiko hat zugenommen und vieles mehr.
Eines ist jedoch sicher. Für Bitcoin ist es nicht einfacher geworden, aus dem Bärenmarkt herauszukommen. Wir könnten weitere Abwärtskorrekturen erleben, je nachdem, wer als nächstes implodiert (ich bin mir ziemlich sicher, dass wir weitere sehen werden die aufgrund der Insolvenz von FTX in Schwierigkeiten geraten werden). Zudem spielt der Vertraunsverlust eine große Rolle und dies könnte die Dauer des Bärenmarktes verlängern.
Wie immer, pass auf bei deinen Investments. Don’t trust! Verify! Triff deine eigenen Entscheidungen und bezieh deine Informationen aus unterschiedlichen Quellen.
Jan Wüstenfeld
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